Insgesamt ist die neueste Folge von John Olivers Show (@LastWeekTonight) zum Thema Kryptowährungen sehr gelungen. Der Comedy-Star mit dem britischen Akzent führt Neulinge übersichtlich ins Thema ein. Er vermeidet dabei, den Zuschauer mit Details zu überladen. Besonders für Leute, die bisher kaum was mit den Worten Blockchain oder Kryptowährung anfangen können, eine prima Sache. Die eine oder andere Stelle sollte zum tieferen Verständnis aber wahrscheinlich kommentiert werden. Heute geht es um seinen #Craefulgang Beitrag.
Grundsätzliches gut erklärt
Für Einsteiger kommt sehr viel Nützliches in Oliver’s englischem Beitrag daher. Er erklärt (relativ oberflächlich, aber übersichtlich) die Grundgedanken von Blockchain und Kryptowährungen und zeigt auch wichtige Strömungen im Kryptomarkt auf: HODL, FOMO und Hype. Zu diesen drei komme ich gleich. Außerdem weist er darauf hin, dass Kryptowährungen sich derzeit in einer Phase wie dem „Wilden Westen“ befinden und es oft noch kaum Gesetze gibt. Abschließend zeigt er auf, was viele von uns begeistert: Ganz früh bei einer neuen Sache dabei zu sein, die wirklich groß werden könnte.
Kernaussage: „Vorsicht und hinschauen“ ist sinnvoll: FOMO, Pump and Dump, Scams und Hype sowie #craefulgang
Olivers Show „Last Week Tonight“ ist dafür bekannt, Hintergründe zu beleuchten und Probleme sichtbar zu machen. Auch diese Woche gelingt ihm dies sehr schön. So spricht er zum Beispiel von der Angst etwas zu verpassen (FOMO genannt – Fear Of Missing Out), die viele neue Investoren veranlasst, unvorbereitet und ahnungslos ihre Kohle in die Richtung zu schmeissen, aus der gerade der größte Hype kommt. Und auch davon, dass eine Menge Hype absichtlich von Pump und Dump Betrügern erzeugt wird (hierzu schreibe ich dir bald noch einen eigenen Artikel). Das alles ist gerade für Einsteiger sehr gut zu wissen! Seine witzig verpackte Aufforderung zum ruhigen Nachdenken verpackt er in einem neuen Twitter-Hashtag: #Craefulgang.
Seine langfristigen Überlegungen finde ich allerdings etwas zu oberflächlich
Natürlich provoziert John Oliver sehr gerne, und bei seiner humorvollen und freundlichen Art finde ich das auch kein Problem. Oft hilft er schließlich der öffentlichen Debatte. Gerade seine Beiträge wie zum Beispiel zu Themen wie Netzneutralität, Überwachung oder Foltergefängnis Guantanamo bringen Themen in die öffentliche Diskussion, die wegen ihrer „Trockenheit“ oder „Schwere“ sonst oft ausgeblendet werden. Von daher respektiere ich, dass er auch in Sachen Kryptowährungen eher zurückhaltend ist. Seine langfristigen Gedanken zum Thema Krypto finde ich allerdings etwas zu oberflächlich.
In seinem Beitrag erwähnt er beispielsweise mehrmals (witzig, aber überzeugt), dass das Projekt hinter der Kryptowährung EOS derzeit sicher überbewertet ist und keine Milliarde US-Dollar wert. Dabei vergleicht er EOS mit Google und sagt, (frei übersetzt):
Ich habe zu Beginn des Segments gesagt, dass ich keine Voraussagen treffen will. Und wer weiß es schon: Vielleicht wird EOS das nächste Google. Ich glaube es nicht und ich bin fest überzeugt, dass es derzeit keine Milliarde Dollar wert sein kann, aber ich könnte falsch liegen – ich liege sicher nicht falsch, aber ich könnte falsch liegen.
Natürlich ist das lustig und ich verstehe auch seinen Einwand: Wie kann ein Unternehmen, das noch kein fertiges Produkt hat, schon eine Milliarde, immerhin eintausend Millionen US-Dollar wert sein? Dazu in der Kurzfassung 2 Fragen:
- Weiß John Oliver, dass der Hauptentwickler von EOS, Dan Larimer, bereits die Kryptowährung Bitshares erschaffen hat, (die funktioniert und gehandelt wird), sowie ein einzigartiges soziales Netzwerk, Steemit, das auf der dezentralen Blockchain-Technologie aufgebaut ist, und auf dem man durch schreiben, liken, teilen und kommentieren Geld verdienen kann?
- Hätte John Oliver auch nur annähernd den Erfolg von Google, Amazon oder Facebook kommen sehen, als derartige Projekte am Anfang standen? Sagen wir mal, in den 90er Jahren und frühen 2000ern?
Was ist der Wert von Firmen im Kryptobereich?
1.5 Milliarden beim Start von EOS scheint viel Geld zu sein. Gleichzeitig wird der Marktwert von Unternehmen wie Apple, Facebook und Amazon auf etwa das 300-500-fache davon beziffert. Natürlich sind das inzwischen riesige Unternehmen, deren Dienstleistungen von vielen fast täglich benutzt werden. Vor verhältnismäßig wenigen Jahren kannte sie aber noch keiner und die Ideen klangen anfangs auch noch nicht SO bahnbrechend. Den Gedanken, dass man sich eine eigene private Seite erstellen kann, auf der man seine Freunde hinzufügt, hatte zum Beispiel auch myspace. Die Suche nach Informationen bieten bis heute auch yahoo und bing, auch wenn sie im Vergleich zu Google kaum einer nutzt. An Firmen wie AOL und Netscape werden sich viele heutige Leser nicht einmal erinnern. Die waren übrigens selbst mal Milliarden wert. Ist noch gar nicht SO lange her.
Gute Umsetzung und weltweiter Erfolg bieten heutzutage riesiges Potential
Hier sieht man gut, dass es auf Umsetzungen ankommt. Aber auch, dass Unternehmen, die unsere täglichen Gewohnheiten umkrempeln, heutzutage extrem groß werden können. Du kannst also fragen: „Warum sollte eine Gruppe, der es gelingt, digitales Geld herauszubringen, das wir alle weltweit benutzen, nicht mindestens einen Marktwert von 1% von Facebook erreichen können?“ (Das wären grob gesagt etwa 5 Milliarden US-Dollar, bei einem ungefähren Facebook-Marktwert von 500 Milliarden in 2017.) Bei wirklich flächendeckendem internationalen Erfolg könnte „1% vom heutigen Facebook“ vielleicht sogar ziemlich klein geschätzt sein?
Viele echte Entwickler nehmen Kryptowährungen ernst
Natürlich kann ich genauso wenig wie alle anderen vorhersehen, ob es EOS ist, denen das gelingt. Oder ob so etwas überhaupt einer Kryptowährung gelingt. Und ja, 1,5 Milliarden US-Dollar zum Start eines Projekts ist extrem viel Geld. Doch wenn ich mir anschaue, wieviele ernstzunehmende (!) Teams aus klugen Köpfen inzwischen auf der Welt daran arbeiten, neue, digitale Währungen zu entwickeln, die für den weltweiten täglichen Gebrauch gedacht sind, würde es mich ehrlich gesagt wundern, wenn kein Team jemals den Durchbruch schafft.
Selber nachdenken, selber Verantwortung tragen, weder Kauf-Panik noch Anti-Hysterie
Trotzdem hat Oliver in vielem recht. Wer darüber nachdenkt, in Kryptowährungen zu investieren, sollte hierfür niemals Geld verwenden, das er nicht „in Ruhe“ verlieren kann. Damit meine ich nicht, dass es Dich nicht aufregen darf, falls Deine Kohle irgendwann weg sein sollte. Aber es sollte Dich und Dein Leben auf keinen Fall in ernste Probleme bringen.
In diesem Zusammenhang kann ich persönlich seiner Einstellung zum Thema HODL nicht zustimmen. Denn so wie ich ihn verstehe, findet er das längere Halten von Kryptowährungen riskant. Das langfristige Investieren in Projekte die einen tatsächlichen Wert haben ist allerdings genau das, was Investoren wie Warren Buffet, Benjamin Graham und andere unter dem Begriff „Value Investing“ empfehlen. Das kurzfristige Rein- und Rausspringen aus Kursen gilt bei solchen Menschen meinem Verständnis nach als riskante Spekulation. (Warren Buffet und viele andere sind dem Kryptomarkt gegenüber trotzdem skeptisch. Besonders, weil sie nach eigener Aussage die Technologien und den Markt dazu nicht genug verstehen. Auch die Frage, welchen Wert Kryptowährungen haben, ist für sie oft nicht ausreichend geklärt.)
Wenn ich wirklich nur investiere, was ich auch „in Ruhe verlieren kann“, und mein Geld in Projekte investiere, denen ich langfristig einen durchbrechenden Erfolg zutraue, dann ergibt es für mich wenig Sinn, bei Kursschwankungen (die es bei Kryptowährungen SEHR ausgeprägt gibt) sofort aus dem Boot zu springen. Für mich persönlich bedeutet HODL, dass ich langfristig denke, das heißt also auf Jahre im Voraus. Da können also auch monate- oder jahrelange Tiefs kommen, ohne dass ich meine Kryptoknete mit Verlusten aus dem Markt nehmen muss. Dies liegt aber eben an genau den genannten Faktoren:
- mich wirklich schlau machen, statt blind oder auf Empfehlungen anderer zu kaufen
- nur einsetzen, was mich bei Verlust nicht umhaut
- Investieren auf Langzeit, in Projekte, denen ich zutraue, große Innovationen zu schaffen
Was Du von meinen Gedanken übernimmst, sei Dir selbst überlassen. Denn Du weißt ja, das Denken und die Verantwortung für Deine Handlungen liegen bei Dir. In diesem Sinne: #CraefulGang 😉